Stadt Elsdorf (Druckversion)
Autor: Sarah Pütz
Artikel vom 26.02.2020

Das Gedächtnis einer Stadt

Stadtarchivar Christoph Hoischen geht nach 33 Jahren in den Ruhestand, aber bleibt der Stadt Elsdorf noch erhalten

Am 01. Oktober 1987 trat der an der RWTH Aachen frisch examinierte Historiker Christoph Hoischen seinen Dienst im Rathaus der damaligen Gemeinde Elsdorf an. Anfang April diesen Jahres ging Hoischen nun nach über drei Jahrzehnten bei der Stadt Elsdorf in den Ruhestand, wird der Stadt aber weiterhin als Beauftragter für die Städtepartnerschaft mit Bully-les-Mines (Frankreich) erhalten bleiben, sowie dem Stadtarchiv mit Rat und Tat zur Seite stehen. Im Interview mit der Redaktion gibt er einen Einblick in die Arbeit der vergangenen 33 Jahre.

Redaktion: Herr Hoischen, wie müssen wir uns ein Rathaus im Jahr 1987, als Sie in Elsdorf angefangen haben, vorstellen?

Christoph Hoischen: Als „Seiteneinsteiger“ war es zunächst schwierig, die verwaltungstechnisch und juristisch korrekten Abläufe zu verinnerlichen.  Damals war in der hiesigen Verwaltung alles noch viel formeller und weniger flexibel als heute. Ich wurde angestellt, um insbesondere auf Initiative des damaligen Gemeindedirektors Peter Tirlam die Elsdorfer Geschichte zu erforschen und auch in Büchern festzuhalten. Dafür brauchte ich natürlich einen Computer, was aber nicht so einfach war.

Red.: Inwiefern?

Hoischen: Im gesamten Rathaus gab es noch keinen Computer, so dass ich dann erst einmal meinen eigenen Rechner von zuhause mitbringen musste. Als dann kurz darauf der erste PC für die Verwaltung angeschafft wurde, war das ein IBM 286er, ein gigantischer Klotz, den findet man heute vielleicht noch höchstens im Museum. Und in den nächsten Jahren wurde das Rathaus dann mehr und mehr mit Computern ausgestattet. Da ich zu dieser Zeit einer der wenigen Mitarbeiter war, der nur wenig Berührungsängste vor dieser neuen digitalen Welt hatte, konnte ich dann auch vielen Kolleginnen und Kollegen dabei behilflich sein.

Red.: Wie können wir uns ihre tägliche Arbeit im Stadtarchiv vorstellen?

Hoischen: Zunächst war ja noch der damalige Archivar Dietmar Kinder hier tätig, mit ihm zusammen habe ich in Jahren gemeinsamen Arbeitens viel gelernt. Ohnehin hatte ich durch meine Ausbildung als Historiker reichliche Erfahrungen in Archiven gesammelt und wusste, wie Archive aufgebaut sind und funktionieren. Nachdem Dietmar Kinder in den Ruhestand getreten war, und ich die beiden Bände zur Geschichte der Gemeinde Elsdorf veröffentlicht hatte, übernahm ich seine Aufgaben als Archivar. Hinzu kamen mit und mit andere Aufgaben. So z.B. in der Kulturverwaltung sowie in den Bereichen Schule und Sport. Zusammen mit der damaligen Amtsleitung habe ich mich sogar an die Erstellung von Schulentwicklungsplänen gewagt. Später habe ich auch die städtische Homepage betreut, was vor Jahren nur einen geringen Zeitaufwand bedeutete, ganz im Gegensatz zu heute. Bezogen auf meinen Werdegang als Historiker waren die „klassischen Archivaufgaben“ natürlich eher mein Metier. Diese umfassen z.B. Anfragen von privaten Ahnenforschern, die Daten und Auskünfte zu ihren Vorfahren, die in Elsdorf gelebt haben, benötigen. Auch die Sichtung, Auswertung, Pflege und Aufbewahrung von historischen Unterlagen, die bis in das 18. Jahrhundert zurückreichen, gehören dazu, vor allem die Geburts-, Heirats- und Sterberegister, die von den damaligen Bürgermeistern geführt wurden. Während der Franzosenzeit (da war das linksrheinische Gebiet französisches Staatsterritorium), mussten die armen Bürgermeister all diese Urkunden in französischer Sprache verfassen.

Red.: Die Auswertung der Elsdorfer Stadtgeschichte ist dank Ihnen ja auch für alle Interessierten erhältlich.

Hoischen: Vier Bücher durfte ich zur Geschichte unserer Stadt verfassen sowie an vielen Büchern über den Rhein-Erft-Kreis oder die Region mitarbeiten oder Gastbeiträge schreiben. Zuletzt sind vor einigen Jahren die Elsdorfer Noll-Chroniken erschienen, die auf den Original-Tagebüchern des Elsdorfer Schulrektors Friedrich Wilhelm Noll beruhen. Die Dokumente konnte ich auswerten und darüber einen Band verfassen, der einen spannenden und authentischen Einblick in das Elsdorfer Leben der Jahre 1918 – 1930 gewährt.

Red.: Sie waren auch bei der Begründung der Städtepartnerschaft zwischen Elsdorf und der nordfranzösischen Gemeinde Bully-les-Mines im September 1990 mit dabei und haben die Städtepartnerschaft nun 30 Jahre lang begleitet.

Hoischen: Als 1990 eine Partnerstadt mit einer französischen Kommune geschlossen werden sollte, mangelte es im Rathaus an französischsprechenden Mitarbeitern. Da ich mit entsprechenden Sprachkenntnissen dienen konnte, wurde ich kurzerhand der für dieses Thema zuständige Sachbearbeiter. Daraus hat sich eine langjährige Beziehung nach Bully-Les-Mines entwickelt, in die ich immer viel Herzblut investiert habe. Der Austausch mit unseren Freunden in Bully-les-Mines bereitet mir einfach sehr viel Freude. Über die Jahre sind zwischen Elsdorf und Bully-les-Mines gute Freundschaften entstanden und auch viele Vereine aus beiden Städten haben die Partnerschaft mitgestaltet. So sind Judoka oder Fußballer gegeneinander angetreten, der VdK hat mit seinem Pendant gegenseitige Besuche organisiert, oder Musikgruppen haben gemeinsam in beiden Städten gespielt. Das war im Jahr 1990, dem Jahr der Begründung der Städtepartnerschaft, noch keine Selbstverständlichkeit, und der grenzübergreifende Kontakt war in den Anfangsjahren noch weitaus schwieriger als heute.

Red.: Welche Momente der Städtepartnerschaft sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Hoischen: Die Wiederbelebung der Städtepartnerschaft ab 2016 hat mich besonders beeindruckt. Vor ca. 10, 12 Jahren war es deutlich ruhiger geworden und ich hegte die große Befürchtung, dass die Partnerschaft dies nicht überleben könnte. Doch in den vergangenen vier Jahren wurde von beiden Städten noch mal viel Energie investiert, so dass der Austausch wieder sehr lebendig und persönlich geworden ist. Unser Jubiläumsjahr „30 Jahre Städtepartnerschaft“ kann derzeit ja leider nicht wie geplant stattfinden. So hatten wir für Juli vorgesehen, alle Elsdorferinnen und Elsdorfer nach Bully einzuladen und gemeinsam dort ein großes Stadtfest zu feiern. Der Gegenbesuch mit möglichst vielen Menschen aus Bully wäre für „Rock around the Pool“ im Freibad geplant gewesen. Doch ich hoffe, dass wir die Jubiläumsfeiern im nächsten Jahr nachholen können.

Red.: Aber auch im wohlverdienten Ruhestand bleiben Sie Elsdorf erhalten.

Hoischen: Auch wenn ich die neugewonnene Freizeit jetzt gerne für Musik, Reisen und Fahrradfahren nutzen möchte, bleibe ich noch mit durchschnittlich einem Arbeitstag in der Woche in Elsdorf. Da werde ich mich dann hauptsächlich um die Städtepartnerschaft kümmern, aber auch meinen Nachfolger Dr. Thomas Kreft als Stadtarchivar einarbeiten und weiterhin beraten wie auch unterstützen.

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